LUISE KLOOS

„HOL DEN APFEL AUS DER SCHALE“

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24. April – 5. Juni 2021

Eröffnung: Freitag, 23. April 2021 um 19 Uhr
Eröffnungsrede: Astrid Kury

Der Titel der Ausstellung ist auch der Titel eines Gedichtes der Kärtner Schriftstellerin Christine Lavant, die eigentlich Christine Habernig, geb. Thonhauser, hieß und den Namen Lavant als Pseudonym, in Anlehnung an ihren Geburtsort im Lavanttal, verwendete.. Die Lebensgeschichte und die meditative Kraft der literarischen Arbeit von Christine Lavant hat Luise Kloos zu diesen Buchprojekten inspiriert, da sich auch eine seelische Verwandschaft zwischen den Themenbereichen der beiden Künstelerinnen entwickelt hat. Im Raum 1 werden neben grafischen Arbeiten drei Buchprojekte zu Christines Lavants Gedichten gezeigt.

Meditating the Line

„Jede Erscheinung kann auf zwei Arten erlebt werden“, sagt Wassily Kandinsky einleitend zur spirituellen Ausdruckskraft von „Punkt, Linie und Fläche“ (Wassily Kandinsky, Punkt und Linie zu Fläche: ein Beitrag zur Analyse der malerischen Elemente, München, 2. Auflage 1928, S. 11). Diese Untersuchung markiert einen wichtigen Schritt hin zur Autonomie der künstlerischen Mittel, der Linien und Farben über die Funktion der gegenständlichen Darstellung
hinausführt. Kandinsky unterscheidet, was die Betrachtung betrifft, zwischen einem Fokus aufs „Äußere“ und einem aufs „Innere“. Das Äußere wirke wie eine Spiegelung auf einer Fensterscheibe, das Innere sei wie eine geöffnete Tür zu einem „Spiel von horizontalen, vertikalen Strichen und
Linien, die sich durch die Bewegung nach verschiedenen Richtungen neigen, von sich aufhäufenden und sich zerstreuenden Farbflecken, die bald hoch, bald tief klingen.“ Kandinsky suchte über die exakte Wirkanalyse von Farbe und Form visuelle Entsprechungen zu finden, die mehr als eine Spiegelung „auf der Oberfläche des Bewusstseins“ seien. Diese künstlerische Wiedergabe eines seelischen Erlebens war, was ihn künstlerisch vorantrieb, angeregt von fernöstlicher Philosophie und zeitgenössischer Theosophie.

Künstlerisches Tun wird so auch zu einer meditativen Praxis: eine Einübung in die Freiheit von Zuschreibungen, aber auch ein lebenslanger Versuch der Annäherung an die Eigendynamik des Schöpferischen, oftmals streng gerahmt von Routinen der Perfektionierung des Überlieferten durch stete Wiederholung. Ich möchte das Werk von Luise Kloos in diese kunsthistorische Tradition stellen. Sie hat sich mit unglaublicher Leidenschaft und Konzentration in buddhistische Maltechniken vertieft, sich dieses minutiöse und präzise reglementierte Zeichnen mit feinstem Pinsel und ausgesuchten Pigmenten angeeignet. Daraus hat sie dann Zugänge der Verinnerlichung des Arbeitens mit Linienund Farbgeweben entwickelt, durch die sie zeitlos-schwebende Klangbilder erzeugt. Sie hat hier einen ganz eigenen Weg, sehr inspiriert von der zeitgenössischen Musik und der Dynamik des Klingens. Ähnlich dem Glockenläuten, wo im Moment dichter Überlagerungen das einzelne Klangelement kaum noch identifizierbar ist, dafür aber eine feine ineinander verwobene Synthese und Verflechtung aus all den Teilen entsteht, die dann zu etwas für sich Eigenem wird, ein Mehr als die Summe seiner Teile – und das, wenn wir zurück zu Kandinsky denken, möglicherweise vermag, der Betrachterin, dem Betrachter gleichsam „eine Türe zu öffnen“.

Astrid Kury, 1.7.2020

www.luisekloos.at