Othmar Eder

„Erinnerungsräume – Espaços de Memória“

­

Ausstellungsdauer: 29. April – 3. Juni 2023
Eröffnung: Freitag, 28. April 2023 um 19 Uhr
Eröffnungsrede: Tanja Gurke (Grazer Kunstverein)

Gerhard Pirkner, Chefredakteur von „Dolomitenstadt“, Lienz, schreibt über Othmar Eder:
Ein wenig erinnert mich Eders Faible für Lissabon an den portugiesischen Nationaldichter Fernando Pessoa, der 20 Jahre lang mit poetischer Präzision die Dinge des Lissabonner Lebens beschrieb, in unterschiedlichen Identitäten und in Fragmenten, die er selbst nie zu einem Ganzen zusammenfügte. Othmar Eder sammelt ebenso Fragmente, lagert sie und holt sie nach Jahren wieder hervor, wie ein Kriminalist, der einen alten Fall neu aufrollt und in der Asservatenkammer nach einem fehlenden Puzzlestück sucht.

„Wie dokumentarisch ist deine Arbeit“, frage ich den Künstler, „verfremdest du das, was du findest, oder dokumentierst du es?” Die Antwort leuchtet mir ein: „Durch die Übertragung gibt es Verfremdung, zum Beispiel durch die Vergrößerung einer kleinen Postkarte, die ich auf einem Flohmarkt entdeckte, zu einem großen Gemälde.“ Diese Transformation erfolgt nicht linear. Eders Interesse gilt weniger dem Ganzen als dem Zerbrochenen, dem Riss, den Spuren von Gebrauch und Zeit, die er mit unterschiedlichen kreativen Mitteln überhöht und in den Mittelpunkt rückt. Er überträgt Motive mit dem erwähnten Kohlepapier, so fein gezeichnet, dass die Wirkung fotografisch ist, ohne fotorealistisch zu sein, es ist ein mehrschichtiger Realismus, unter dessen Oberfläche eine rätselhafte Welt verborgen scheint, in der Dinge auftauchen und verschwinden wie in einem Traum.

„Nicht die Technik darf für mich im Vordergrund stehen, sondern die verschiedenen Möglichkeiten, an die Dinge heranzugehen. Und das soll auch in den Ausstellungen sichtbar werden als spannender Dialog.“ (Othmar Eder)

 

Othmar Eder bereist Lissabon seit 2014 regelmässig, durchstreift die Stadt abseits touristischer Wege und sammelt mit unterschiedlichen Medien Eindrücke, die er in seinem Atelier in Stettfurt zu spannenden Malereien, Zeichnungen, Collagen und Objekten entwickelt. In den entstehenden Arbeiten überlagern sich seine mitgebrachten „Skizzen“ mit den Wahrnehmungen aus der Erinnerung.
„Die Stille der Arbeiten von Eder ist trügerisch. Es sind Suchbilder. Wir werden auf Fährten gelockt, denen schwer zu entrinnen ist. Er schickt uns mit seinen Bildern auf lange Reisen der Wahrnehmung. Die Verlangsamung nötigt zum schärferen Hinsehen. Die Kunstwerke bedeuten gekaufte Zeit.
Der Künstler nötigt Objekte auf seinen Arbeiten zu sehen und im Verfremdungsakt, den wir nachvollziehen, rekonstruieren die Betrachtenden ein neues Zustandsbild. Die Folge ist der Gewinn an Sehkraft. Die Infragestellung dessen, was Wirklichkeit und ihre zeitliche Verortung sein könne, landet bei einer Wiedergewinnung. Diesen Zwischenstop entsprechend auszugestalten, stets mit neuen Anläufen oft nur scheinbar Alltägliches aufzuwerten oder einen erzählerischen Strang herauszuschälen ist die Fähigkeit von Othmar Eder.“ (Markus Neuwirth, Innsbruck)

1955 geboren in Kufstein, Österreich, 1977–1982 Studium an der Akademie der Bildenden Künste in Wien. 1980-1985 Reisen u.a. nach Peru, Ecuador, Bolivien, Mexiko und Guatemala. Lebt und arbeitet seit 1982 in der Schweiz, seit 2001 in Stettfurt TG. Seine Medien sind Zeichnung, Video, Malerei, Objekt und Fotografie. Seit 1982 zahlreiche Ausstellungen in der Schweiz, Österreich und Deutschland.

othmareder.ch