Ingrid Schreyer

„Album Wald“

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5. März – 23. April 2022

Soft Opening: Samstag, 22. Jänner 2022 von 10-16 Uhr

In Zeiten von Fotobuch und im Datenhimmel gespeicherten, digitalen Bildinformationen eignet dem papierenen Foto-Album bereits etwas Antiquarisches. Umso geeigneter erscheint mir dieses titelgebende Format, einerseits einem Themenkomplex, dem WALD, eine Bilderserie zu widmen, andererseits Aspekte von Erinnerung – Vergänglichkeit versus Archiv – ins Spiel zu bringen.

Meine künstlerische Auseinandersetzung mit der komplizierten Frage des Naturbegriffs,
des Verhältnisses zwischen Mensch und Umwelt, basiert auf von Neugierde und einem offenen Blick geleiteten Streifzügen unter freiem Himmel, in meiner unmittelbaren Umgebung, je nachdem,
wo ich mich eben aufhalte.

Beachtenswert erscheint mir häufig Leises, Peripheres, abseitig im Schatten der Wahrnehmung Gelegenes, das, was wir üblicherweise nicht in den Fokus nehmen, häufig Nahsichtiges, das bei genauerer Betrachtung/Recherche oft ein Indiz für weitreichende, klimatische Veränderungen ist. Häufig Versehrtes und zugleich Widerständiges.

Aus einem umfangreichen Archiv eigener Fotografien, die ich für den Arbeitsprozess anpasse und ausdrucke, dabei gerne die technischen Unzulänglichkeiten meines Haushaltsdruckers integriere, wähle ich jene Bilder, die mir geeignet erscheinen für einen relativ langwierigen Prozess der Bildwerdung.

 

Papier, ob seiner Leichtigkeit, und Tusche, der das Fluide innewohnt, sind meine bevorzugten Materialien. Ich füge einzelne Bögen zu größeren Formaten zusammen, die ein wenig an zusammenfaltbare Landkarten erinnern. Das Raster der Landkarte ermöglicht Orientierung, der Wildwuchs des Vegetabilen, des Kreatürlichen, erlaubt einen mäandrierenden Blick,der das Verhältnis zwischen Detail und Ganzem auf spielerische Weise verschiebt und neu ordnet und sich potentiell über die Blattgrenzen hinaus fortsetzen könnte. Die Übergänge zwischen den Blättern sind teils harmonisch durch kontinuierliche Farbverläufe gekennzeichnet, teils willkürlich gebrochen. Zeichnerische Bewegung zieht sich über das Ganze, behält aber zugleich oft den Charakter des Fragmentarischen.

Aus malerisch präparierten Bildgründen, die durch gesteuerten Zufall und durch Lasuren entstehen, oder solchen, die aus einem anderen Arbeitszusammenhang upcycelt werden, schabe ich die Zeichnung, die den Bildgegenstand vordergründig wiedergibt. Die so erzeugte Weiß- oder Negativzeichnung mag ein wenig an Röntgenbilder oder überbelichtete Fotos oder ausgebleichte Plakate erinnern. Der Arbeitsprozess hat etwas mit sorgsamem Freilegen zu tun.Dabei scheint das eigentlich Dahinterliegende leicht in den Vordergrund zu treten.
Die Installation der Blätter im Raum bezieht sich auf unterschiedliche Perspektiven. Die horizontal ausgelegten Blätter folgen dabei dem zum Erdboden gerichteten Blick. Während die an der Wand gehängten Arbeiten vielleicht Anleihe bei Schautafeln, Landkarten aus dem Geografiekabinett oder Plänen von Geografen und Architekten nehmen, dabei häufig in Normalperspektive, sollen die bodennahen den Aspekt des Veränderlichen einnehmen, so, wie eine am Boden ausgelegte Landkarte, die den Gegebenheiten und der Unebenheit des – mithin künstlich veränderten – Untergrunds folgt. Die Frage nach Natürlichkeit stellt sich in der Konfrontation der Materialien Papier/Plastik und Parkett.

Das Album Wald will nicht Monument sein, sondern meine sehr subjektive Zeitzeugenschaft dokumentieren
– Ingrid Schreyer, 2022